Wir trauern um Werner Steck (9.4.1925 – 22.1.2021)
Am 11.Januar, frühmorgens, war alles wie immer in den letzten Jahren: Das Telefon läutete, und aus dem Hörer tönte Orgelmusik und die Stimme von Werner Steck, der mir mit «Happy Birthday» zum Geburtstag gratulierte. Und doch war es nicht ganz so, wie sonst. Die Stimme klang etwas müde, und sein sprühender Optimismus fehlte, als er mir erzählte, dass er nach einem kurzen Spitalaufenthalt wegen eines Nierenproblems, wieder zuhause sei, aber in der Wohnung noch gestürzt wäre und sich den Arm gebrochen habe. Doch es gehe ihm schon wieder besser, und er freue sich darauf, bis die Donnerstag-Hocks des TVU 60plus endlich wieder durchgeführt werden könnten. Zehn Tage später telefonierten wir mit seiner Tochter, die bei Werner daheim war, und sie hatte schlechte Nachrichten für uns. Es gehe Werner schlecht, und er müsse in die Pflegestation seiner Residenz verlegt werden, aber er habe sich eigentlich schon aufgegeben. Immerhin konnten wir ihm noch unsere Grüsse und guten Wünsche übermitteln lassen, über die er sich noch hörbar freute. Zweit Tage später kam dann die traurige Nachricht, dass Werner Steck am Vorabend friedlich für immer eingeschlafen sei. Damit endete für ihn eine ganz ungewöhnliche Geschichte im Zusammenhang mit dem TVU, dem er im ganz jungen Jahren und im hohen Alter angehörte. Die TVU-Familie entbietet den Trauerfamilien seiner zwei Söhne und zwei Töchter ihr herzliches Beileid und Mitgefühl.
Die Geschichte vom «Handstandmann» wurde schon mehrfach erzählt und ist auch als «Schmunzelecke» auf unserer Homepage detailliert nachzulesen. Sie beschreibt den jungen Werner Steck, einen Turner aus dem St.Gallischen Uzwil, der sich im Handstand fast so sicher bewegte, wie auf den Füssen und daheim auch auf Giebeldächern seine Fähigkeit auslebte. Er kam im Frühjahr 1947 beruflich nach Zürich und fand bei einem Turner des TVU ein «Zimmer mit Familienanschluss». Kein Wunder, stand er schon kurze Zeit später in der Röslihalle, wo die intensiven Vorbereitungen für das erste Nachkriegs-Eidgenössische, welches in Bern durchgeführt wurde, am Laufen waren. Oberturner war damals Ernst Tobler, und für Werner war es das Grösste, dass er 65 Jahre später dessen Sohn Peter kennen lernte und ihm vom damaligen Oberturner vorschwärmen konnte, der ein ganz «Strenger» gewesen sei…
Diese neue Bekanntschaft kam ebenfalls auf ungewöhnlichem Weg zustande, als mich 2013 im Vorfeld des Jubiläums «150 Jahre TVU» ein Bekannter von Werners Tochter auf die Geschichte des Handstandmanns aufmerksam machte und meinte, das wäre doch eine Geschichte für die Jubiläumsschrift. Von meinem Besuch in der Altersresidenz Senevita in Oerlikon brachte ich nicht nur eine grosse Menge Text und Fotos mit, sondern auch noch ein neues TVU 60plus-Mitglied. Werner war nämlich anfangs der Fünfzigerjahre aus beruflichen Gründen wieder aus dem TVU ausgetreten und kam so als 88jähriger «Oldie» sozusagen zu einem Comeback in seinem früheren Verein. Und er war gleich wieder ein begeisterter Untersträssler, der überall sofort Anschluss fand und mit seinem freundlichen und einnehmenden Wesen jederzeit gern gesehen wurde.
Bis zu seinem 95. Geburtstag im vergangenen Jahr war er zudem ein Beispiel dafür, wie gut und mit welcher Begeisterung man auch ein hohes Alter erleben kann. Fast täglich schwamm er im Hallenbad seinen Kilometer, spielte daheim auf seiner Elektro-Orgel oder traf sich mit ebenso alten Kollegen zu einem Jass. Im TVU 60plus fehlte er an keinem Hock und machte sich schon rasch zum «Chef des Hock-Buchs», wenn er dafür sorgte, dass alle Anwesenden sich in diesem Buch jeweils mit ihrer Unterschrift verewigten. Auch bei den Reisen war er jedes Mal dabei und zeigte gerne, wie wohl er sich auch als meistens ältester Teilnehmer im Kreise seiner jüngeren Kameradinnen und Freunde fühlte; zum letzten Mal im vergangenen September beim Herbstausflug.
Nun ist er still und leise von uns gegangen, und wir werden keine seiner Geschichten von früher oder Erlebnisse von heute mehr hören, und damit wird in unserem Verein eine überaus liebenswürdige Stimme fehlen. Wir werden Werner Steck schmerzlich vermissen.
Peter Tobler