Weitsprung-Diskussionen für Unbedarfte
Es war für das Schweizer Fernsehen das Bild der Bilder! Es zeigte mit klinisch genauer Laser-Präzision, dass der 2. Versuch im Weitsprung von Simon Ehammer übertreten war – um 7mm. Nach dem ungültigen ersten Versuch drohte das frühe Aus im Weitsprungwettkampf, wo der Appenzeller seine Broncemedaille vom Vorjahr verteidigen wollte. Und da drei Nuller in einem Wettkampf für ihn keine Seltenheit sind, nervte er sich auch entsprechend und wollte den Fehlversuch nicht wahrhaben. Die Diskussionen mit dem Kampfgericht fruchteten natürlich nichts, denn der Abdruck der Landung im Sand war schon lange wieder geglättet worden.
Und als dann mit einem «Sicherheitssprung» im dritten Versuch die Weite nur zu Rang neun reichte und ihm damit keine weiteren drei Sprünge mehr zustanden, da ging die Diskussion erst richtig los. Schon im ersten Interview zeigte sich der Springer uneinsichtig und war der Meinung, das Bild sei im falschen Augenblick aufgenommen worden. Dass Ehammer schon zum wiederholten Mal in einem Weitsprungwettkampf die Taktik mit dem Anlauf verhauen hatte, war überhaupt kein Thema. «Expertin» Sprunger verlangte gar, dass diese Laser-Kontrolle wieder abgeschafft werden sollte… Und dass der so hochgelobte Schweizer Rekordmann im Weitsprung eigentlich gar kein richtiger Weitspringer ist, wurde schon gar nicht erwähnt. Der Appenzeller ist ein Allrounder mit grosser Schnelligkeit und hervorragender Sprungkraft, und damit natürlich ein begnadeter Mehrkämpfer. Das hat er ja schon verschiedentlich bewiesen.
Aber im Weisprung ist halt der Anlauf das wichtigste Element, das es zu jeder Zeit zu beherrschen gilt. Rolf Bernhard (Bild links), der langjährige Schweizer Rekordhalter im Weitsprung, hat wohl in seiner fast zwanzigjährigen Karriere weniger übertretene Sprünge gehabt als Ehammer in einem einzigen Jahr. Ernstpeter Huber, sein Trainer war eben ein radikaler Verfechter der Theorie mit dem sicheren Anlauf, selbst noch im Schlaf…
Und auch beim besten Weitspringer aller Zeiten, Carl Lewis, der ebenfalls kein echter Weitspringer war, sondern ein Supersprinter, der seine grossen Weiten ohne eine speziell brillante Absprungtechnik erreichte, suchte man Fehlversuche fast vergeblich. Im Gegenteil! Er war ein in der Anlaufspur sehr disziplinierter Springer, der es sich nach einem gelungenen ersten Versuch erlauben konnte, die nächsten drei bis vier Sprünge auszulassen, um dann am Schluss nochmals einen «draufzusetzen» und den Wettkampf überlegen zu gewinnen. Man braucht nicht Weitspringer zu sein, um in dieser Disziplin grosse Erfolge zu erzielen, aber man braucht die Einsicht, dass volles Risiko im Anlauf zu jeder Zeit, halt keine erfolgversprechende Taktik ist.
Doch zurück zum verunglückten Ehammer-Sprung an der WM. Das Schweizer Fernsehen gab dem Springer an zwei Tagen hintereinander die Gelegenheit, unwidersprochen seine «krude» Theorie von der im falschen Augenblick aufgenommenen Foto zu verbreiten. Und SRF-Moderator Kälin unterstützte ihn in dieser verschrobenen Ansicht noch. Man hätte zwar auch einfach das Wettkampfreglement zu Rate ziehen können, z.B. den Artikel 30.1.1, wo genau das festgehalten ist, was Ehammer und Kälin in Abrede stellten, nämlich der genaue Zeitpunkt der Entscheidung über gültig oder ungültig: genau im Moment des letzten Kontakts des Fusses mit dem Balken. Die Ankündigung des Duos Kälin / Ehammer, man wolle dafür sorgen, dass dieser Punkt im Reglement genauer definiert werde, ging also ziemlich in die Hosen, resp. kam um einige Jahrzehnte zu spät…
Auch der Internationale Leichtathletikverband IAAF machte an dieser WM teilweise keine sehr gute Figur und verstrickte sich gleich mehrfach in Peinlichkeiten.
Schon im Vorfeld der WM hatten sich die zuständigen Stellen nicht dazu durchringen können, dem Exil-Südsudanesen Dominic Lobalu (Bild), der als Siebenjähriger aus seinem Heimatland flüchten musste und seit einiger Zeit nun in der Schweiz eine neue Heimat gefunden hat, eine Starterlaubnis für die WM zu geben, obwohl er über die langen Bahnstrecken jeweils einer der zehn besten Läufer ist. Der Schweizer Verband hatte versucht, für Lobalu eine Sondererlaubnis zu bekommen, um als unabhängiger Athlet im Schweizer-Team starten zu dürfen, war damit aber grandios gescheitert. Dopingverdächtige und betrügerische Manipulatoren schon – aber doch keine Flüchtlinge an Leichtathletik-WMs…
An den Wettkämpfen selbst schoss die Wettkampf-Jury schon am ersten Wettkampf-Tag ein wahrhaftiges Eigentor, indem sie in einem Männer-Vorlauf über 1500m, nach einem Gerangel mit Stürzen, gleich drei Läufer trotzdem für die Halbfinals qualifizierte, obwohl diese drei im ordentlichen Rennen auf Grund ihrer Bestzeiten die Qualifikation nie und nimmer geschafft hätten. Weil es sich bei einem der drei Läufer um den Schweizer Tom Elmer (weisses Leibchen) gehandelt hat, herrschte natürlich in der Schweizer Medienszene grosse und völlig unkritische Freude, obwohl eigentlich der Schweizer der Schuldige bei diesem Sturzfestival war.
Er hatte 500m vor dem Ziel Angst, an der Innenkante eingeschlossen zu werden und wechselte abrupt nach aussen, wo er auf der zweiten Bahn einem schwedischen Läufer vor die Füsse lief und nach einer Fuss-Karambolage stürzte und zwei andere Läufer mitriss. Alle drei rappelten sich wieder auf und beendeten das Rennen, fast eine halbe Runde hinter dem Rest des Feldes. Die Belohnung dafür war die nachträgliche Qualifikation wegen eines «unverschuldeten» Sturzes. Offenbar hatte die Jury die verschiedenen Wiederholungen des Vorfalls nicht zu Rate gezogen, sondern ohne Not einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen. Wer sich in Zukunft nicht auf läuferischem Weg für die nächste Runde qualifizieren kann, legt sich zusammen mit einem oder zwei Gleichgesinnten in einem «unverschuldeten» Gerangel auf den Boden und schon ist die Qualifikation gesichert… Protestieren wird eh niemand, denn es kommt ja dadurch niemand zu Schaden. Nur das Feld in der nächsten Runde wird etwas grösser. Im aktuellen Fall haben die drei Läufer mit dem Qualifikationsgeschenk nichts anzufangen gewusst. Sie belegten in ihrem beiden Halbfinals die letzten Plätze, durften sich aber als Halbfinalisten in den Medien feiern lassen. SRF-Experte Viktor Röthlin in einem Interview: «Es ist ein Riesending, dass du im Halbfinal dabei warst…»
Es gab auch später in der Woche weitere Geschenke mit Gnadenakten bei Fehlstarts oder in der 4x100m Frauenstaffel, wo die Schweizerinnen mit einem glanzvollen 3. Halbfinalplatz den deutschen Sprinterinnen den Finalplatz wegschnappten. Aber Überraschung! Die deutsche Staffel startete im Final am anderen Tag als zusätzliches 9. Team, qualifiziert wegen einer Behinderung beim 1. Wechsel im Halbfinal. Ja woher denn? Da war doch nirgends etwas zu sehen gewesen. Beim Nachschauen auf dem Video des Halbfinals zeigte sich wirklich eine Annäherung der Deutschen (Bahn 7, heller Dress) an die Läuferinnen von Trinidad und Tobago (Bahn 8, dunkler Dress), aber ausschliesslich darum, weil die beiden deutschen Läuferinnen bei diesem Wechsel von ihrer Bahn 7 in die Bahn 8 von Trinidad hinausgetragen wurden und sie so die Mittelamerikanerinnen behinderten. Zudem hätten sie wegen Verlassens der Bahn disqualifiziert werden müssen. Die Jury entschied sich für ein Geschenk an die Deutschen mit einem Freiplatz im Final, sicher wieder ohne weitere Video-Kontrolle.
Den Vogel abgeschossen hat dieses unfähige Gremium dann im Halbfinal des 400m Hürdenlaufs der Männer, wo der Weltrekordhalter, der Norweger Karsten Warholm, auf der Gegengeraden bei einer Hürde mit dem Schwungbein die Hürde nicht korrekt passierte, sondern den Fuss neben und dazu unterhalb der Höhe der Hürdenlatte durchzog. Weil die US-Amerikaner und die Italiener das in der Aufzeichnung gesehen hatten, legten sie Protest gegen die Finalqualifikation des Favoriten ein. Nach Beratungen und Diskussionen mit der Jury und wohl auch mit den Norwegern zogen sie schliesslich ihren Protest wieder zurück. Und was tat die Jury?
Sie legte die Hände in den Schoss und sprach keine Disqualifikation aus, weil ja kein Protest mehr vorlag. Nun ist aber das unkorrekte Passieren einer Hürde ein klarer Grund für eine Disqualifikation, ein Offizialdelikt sozusagen, welches von der Jury zwingend beurteilt werden muss. Es wäre schon die Pflicht dieses Schiedsgerichts gewesen, diesen Fehler selber aufzudecken. Aber nachdem die unkorrekte Passage mindestens durch andere Instanzen aufgeflogen war und durch die Videobilder unzweifelhaft belegt wurde hätte es keine andere Entscheidung als die Disqualifikation von Karsten Warholm mehr geben können.
Die Jury sah es anders, und Warholm konnte am anderen Tag im Final seinen ersten WM-Titel holen. Gefälligkeiten erhalten die Freundschaft, und «einer geschenkten Goldmedaille schaut man nicht ins Maul…» – peinlich, peinlich für einen Weltverband wie die IAAF.
Peter Tobler (Fotos ab TV SRF Live)
«Tschendern» mit TV SRF…
pt) Man kann das «Gendern» auch besonders weit treiben, wie es Kommentatoren oder Experten beim Schweizer Fernsehen ab und zu bewiesen. Besonders aufgefallen sind zwei Müsterchen von ungerechtfertigten Feminisierungen.
Es gibt keine «Lucky Loserinnen» In den Laufwettbewerben, in welchen es nicht nur Direkt-Qualifizierte gibt, sondern auch eine Qualifikation über die gelaufene Zeit möglich ist, nennt man die Glückspilze im internationalen Jargon «Lucky Loser» (glückliche Verlierer) Nun ist aber das englische Wort Loser ein Begriff, der für beide Geschlechter gleich geschrieben wird (wie z.B. «Winner» für Sieger, oder in der deutschen Sprache «Gast»). Wenn man also solche Worte in der neudeutschen Version verwendet, kann man sich nicht einfach über die englischsprachige Form hinwegsetzen. «Lucky Loserinnen» wäre also eine feminine Verdoppelung. Es wäre vielleicht besser gewesen, den deutschen Begriff zu verwenden, dann käme man sicher von selbst drauf, dass «Glückspilzinnen» auch nicht gerade eine Spitzenformulierung ist…
Wer schlägt denn da im Marathon zu?
Für den «Hammer im Pudding» war dann aber Marathonspezialist Viktor Röthlin zuständig, als er in der Endphase des Frauen-Marathons fabulierte: «Eine Kleinigkeit kann in diesem Bereich auslösen, dass dann eben «die Hammerfrau» doch noch kommt… Röthlin wollte sich damit wohl bei den «Hardcore-Feministinnen» einen Stein im Brett sichern. Der kolportierte «Hammermann», der besonders bei langen Läufen so gerne hie und da zuschlägt, der unterscheidet nicht nach Frauen und Männern. Er lässt es überall krachen und die Leistung zusammenbrechen. Dass er jetzt aus Gleichheits-Dünkel auch noch eine «Hammerfrau» als Mitarbeiterin hat, ist nirgends verbürgt. Die männlichen Läufer würden sich sicher nicht von einer Hammerfrau in Verlegenheit bringen lassen…